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Warscheneck Frauenkar Wurzeralm

Das Warscheneck, im Vordergrund Frauenkar und Wurzeralm - Bild: © Mollner Kreis

Aufregung um Seilbahn-Pläne auf der Wurzeralm

Naturschützer und alpine Vereine kritisieren den geplanten Neubau einer Seilbahn auf das Frauenkar.

Seit fast 35 Jahren klappert er gemächlich auf das Frauenkar: der alte Zweiersessellift. Hergestellt von der oberösterreichischen Firma Swoboda, die schon längst keine Lifte mehr produziert, hat der Oldie jetzt bald ausgedient. Ersetzt wird er durch eine Seilbahn mit Zehner-Gondeln, die bis zu 2.500 Personen pro Stunde von der Wurzeralm auf das 1.867 Meter hohe Frauenkar befördern kann. Das sind über 1.000 Passagiere pro Stunde mehr als der alte Sessellift schafft. Und diese massive Ausweitung der Beförderungskapazität ist es, die den alpinen Vereinen sauer aufstößt. „Unsere Bedenken bestehen dahingehend, dass das ein überbordendes Projekt ist. Es müsste möglich sein, mit mehr Augenmaß und mehr Nachhaltigkeit ein kleineres Projekt umzusetzen“, sagt Herbert Jungwirth, Naturschutzreferent im Alpenverein Oberösterreich. Es sei klar, dass der alte Lift ersetzt werden muss. Aber ein moderner Vierer-Sessellift mit Abdeckhauben würde völlig ausreichen.

Sepp Friedhuber, Sonderbeauftragter für Naturschutz bei den Naturfreunden Oberösterreich, findet die Ausbaupläne auf dem Frauenkar ebenfalls überzogen:„Wir Naturfreunde sind grundsätzlich keine Gegner von Skigebieten, der Skisport ist Teil unserer Tätigkeit. Nur die Dimension dessen, was dort oben geplant ist, ist einfach ein völliges No-Go. Zu der neuen Zehner-Umlaufgondel werden noch zwei neue Speicherteiche gebaut, deren Pumpen enorm viel Energie verbrauchen und wo kein Mensch weiß, wo das Wasser herkommt. Das alles mitten in einem hochsensiblen Naturschutzgebiet und mitten in einem Moor, das ökologisch extrem wertvoll ist.“ Die geplante touristische Erschließung des Frauenkars sei in diesem Umfang nicht verantwortbar.

Fraglich ist auch, wie die vielen Menschen, für die die neue Frauenkar-Gondel ausgelegt ist, überhaupt auf den Berg kommen sollen. Denn die kürzlich generalüberholte Standseilbahn von Spital am Pyhrn auf die Wurzeralm hat eine Stundenleistung von 1.450 Personen. Das bedeutet, um die Zehner-Gondel von der Wurzeralm aufs Frauenkar voll auszulasten, müssten 1.000 Menschen zu Fuß auf die Wurzeralm kommen. Und das pro Stunde. Naturschützer befürchten deshalb, dass schon bald die bereits einmal an naturschutzrechtlichen Bedenken gescheiterte Seilbahn- und Pistenverbindung von der Höss in Hinterstoder zur Wurzeralm wieder auf den Tisch kommt. Denn nur so wäre die Investition in die große Zehner-Gondel auf das Frauenkar zur rechtfertigen.

"Seilbahnprojekt nicht im Einklang mit der Alpenkonvention"

Nach Ansicht von Alpenverein und Naturfreunden stehen die Ausbaupläne im Skigebiet Wurzeralm auch im Widerspruch zur internationalen Alpenkonvention, die für den Alpenraum strenge Naturschutzvorgaben macht und für Österreich rechtlich bindend ist. Ein von beiden Vereinen in Auftrag gegebenes Gutachten der unabhängigen Rechtsservicestelle Alpenkonvention untermauert das: „Die Ergebnisse der Rechtsprüfung belegen klar, dass die aktuellen Baupläne rechtswidrig sind. Es handelt sich um massive Sanierungs- und Ausbaupläne im Gebiet Warscheneck-Wurzeralm, die gleich mehrfach im Widerspruch zu den Vorgaben der rechtlich verbindlichen Alpenkonvention stehen“, sagt Paul Kuncio von der Rechtsservicestelle Alpenkonvention.

Man habe alle erforderlichen Unterlagen für das Projekt bei der Naturschutzbehörde des Landes eingereicht, sagt Helmut Holzinger, Geschäftsführer der Hinterstoder-Wurzeralm-Bahnen (Hiwu). Es liege jetzt an der Behörde, das Projekt naturschutzrechtlich zu bewerten. Und man sei auch jederzeit zu Nachbesserungen bereit. „Da kann man schauen, was man jetzt noch ergänzen kann. Daran ist es ja nie gescheitert. Wir haben immer bewiesen, dass wir gute Anlagen naturnahe bauen und auch die Begrünungen dazu sauber machen.“ Auch das wertvolle Hochmoor sei nicht in Gefahr, Untersuchungen hätten gezeigt, dass der Wasserhaushalt durch die neuen Speicherteiche nicht beeinträchtigt werde. An der Zehner-Gondel führt für Holzinger allerdings kein Weg vorbei. Denn ein Sessellift sei nicht mehr zeitgemäß. Gerade im Sommerbetrieb sei da das Ein- und Aussteigen unbequem und nicht ganz ungefährlich. Und auch im Winter sei eine Gondel wesentlich sicherer, vor allem für Familien mit Kindern und Skikurse. Außerdem sei eine Seilbahn im Gegensatz zu einem Lift barrierefrei, sagt der Seilbahnchef.

Kritik an geplantem Bergrestaurant

Doch es ist nicht nur die neue Gondelbahn, die bei Naturschützern und den alpinen Vereinen für heftiges Kopfschütteln sorgt. Sie kritisieren auch die auf dem Frauenkar geplante Bergstation. Dort, wo bis jetzt einfache hölzerne Lifthütte steht, soll ein Bergrestaurant mit Sonnenterrasse entstehen: „Die Bergstation wird wesentlich vergrößert. Wir sprechen da von fast 1.000 Quadratmetern verbauter Fläche. Und das auf 1.800 Metern Seehöhe in einem Landschaftsschutzgebiet“, sagt Naturschutzreferent Herbert Jungwirth vom Alpenverein. Das Restaurant sei schlicht nicht notwendig, es gebe auf der nahen Wurzeralm mehr als genug gastronomische Angebote. „Wir müssen den Besuchern im Winter und auch im Sommer eine gut Infrastruktur auf dem Berg bieten. Sonst fahren sie in andere Bundesländer“, entgegnet Hiwu-Geschäftsführer Helmut Holzinger. „Ja, das Projekt ist ein Eingriff in die Natur. Das möchte ich nicht beschönigen. Aber ich glaube, das braucht die Wurzeralm, dass man neben dem Skifahren auch einmal ein paar gemütliche Stunden im Liegestuhl in der Sonne verbringen kann. Und deshalb ist es uns wichtig, etwas zu errichten, was auch von den Gästen gut angenommen wird.“

Diesen Komfort lassen sich die Hiwu einiges kosten: Rund 20 Millionen Euro werden das neue Bergrestaurant und die neue Seilbahn sowie der Ausbau der künstlichen Beschneiung kosten. Die Errichtung der Anlagen ist aufwändig, denn bisher fehlt im hochalpinen Gelände die für ein derartiges Großprojekt nötige Infrastruktur. Es gibt weder Strom, noch Wasser- und Abwasserleitungen. Die müssen vor dem Start der Hochbauarbeiten jetzt verlegt werden. Und das bedeutet umfangreiche Grabungsarbeiten in einem ökologisch sensiblen Gebiet, Schäden an Flora und Fauna sind kaum zu vermeiden, wie Naturschützer kritisieren.

Bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form die Naturschutzbehörde diesem Vorhaben zustimmt. Derzeit ruht das Verfahren allerdings. Denn die Umweltanwaltschaft will prüfen lassen, ob für den Ausbau der touristischen Infrastruktur auf dem Frauenkar eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Schon zuvor haben einige betroffene Grundbesitzer die Einreichung der Projektunterlagen verzögert. Sie hatten Bedenken, dass die neue Seilbahn zu viele Menschen auf den Berg karrt, was automatisch noch mehr Müll und Hundekot auf den Almwiesen bedeutet. Am Ende konnte die Hiwu aber alle Grundeigentümer dazu bewegen, ihre Unterschrift unter die Zustimmungserklärung zu setzen.

Seilbahnchef Helmut Holzinger geht trotz des derzeit stockenden Genehmigungsprozesses davon aus, dass das naturschutzrechtliche Verfahren noch heuer abgeschlossen werden kann. Aus der zuständigen Landesbehörde ist dazu zu vernehmen, dass es wohl einen für den Projektbetreiber positiven Ausgang nehmen wird. Zwar gibt es in einzelnen Punkten durchaus Bedenken, am Ende dürften aber wirtschaftliche Überlegungen die Anliegen des Naturschutzes überwiegen. Und das sollte durchaus im Interesse des Landes Oberösterreich sein, denn es ist über die landeseigene Seilbahn-Holding mit 16,01 Prozent an den mehrheitlich von der Schröcksnadel-Gruppe kontrollierten Hiwu beteiligt, je zwei Prozent der Anteile halten die Gemeinden Hinterstoder und Spital am Pyhrn.

Ist die naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt, stehen noch das wasser- und das seilbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren an, erklärt Hiwu-Geschäftsführer Helmut Holzinger. Geht da alles glatt, könnte man im nächsten Frühjahr mit den Vorarbeiten beginnen. Und frühestens 2023 oder 2024 könnten dann die ersten Touristen mit der neuen Zehner-Gondel auf das Frauenkar fahren und dort ihre Halbe oder ihren Spritzer im Liegestuhl genießen.

Daniel Kortschak